Liebe Menschen,

iPhotoin letzter Zeit ist über meine Familie und mich einiges im Umlauf. Daher werde ich euch mit den folgenden Zeilen informieren:

Ich bin transsexuell, in einem männlichen Körper gefangen (ich sage gerne, dass ich eine Frau mit Testosteron-Vergiftung bin) und habe lange versucht mit dieser seltenen biologischen Gegebenheit zu leben bzw. sie nicht auszuleben.

Ich schätze mich glücklich zu dem kleinen (1%-igen) Anteil der Menschheit zu gehören, dem dies geschenkt wurde – und ich bin glücklich dies jetzt auch in der Öffentlichkeit leben zu können.  Zugleich bin ich unendlich stolz darauf, eine verständnisvolle Familie und im Besonderen eine enorm verständnisvolle Frau zu haben.

Seit einigen Jahren versuche ich meinen Weg zu gehen, ich bin dabei sehr behutsam und mit Bedacht auf meine Familie unterwegs (wenn man das überhaupt so sagen kann). Mein Ziel ist und war es immer den Weg gemeinsam zu gehen. Ich weiß, dass ich meiner Familie damit eine große Last auf die Schultern lege, aber wir schaffen das! Ich denke, dass nur die Gesellschaft uns zerstören kann.

Ich habe lange überlegt ob es nicht sinnvoller wäre einfach (offiziell aus beruflichen Gründen) wegzuziehen und ein zweites, „neues“ Leben zu beginnen, jedoch wäre dies feige und falsch gewesen.

Erika unterstützt mich seit vielen Jahren. Am Anfang dachte ich, es geht einfach wenn wir meine Transsexualität ausserhalb der Steiermark – im Geheimen – „ausleben“. Ich war immer bedacht darauf, dass mich keiner durchschaut. Ich wurde eine Meisterin im Tarnen und Täuschen, so gut, dass fast niemand in meinem Umfeld Verdacht geschöpft hat.

Dies hat mich jedoch innerlich zerfleischt. Vor jetzt zwei Jahren war ich dann so weit unten, dass es nur mehr zwei Wege für mich gab: Entweder „Auf Wiedersehen“ oder Überleben und ab in die Öffentlichkeit.

Diese ersten Schritte und alle weiteren habe ich nur dank des Rückhaltes von Erika, Famile und meiner besten Freundin geschafft.

Ich habe zugleich das große Glück in einer Firma zu arbeiten, die seit vorigem Jahr ebenfalls informiert ist. Sie lässt mich meinen Weg  gehen. Auch all die Kundinnen und Kunden, die ich dank meiner Tätigkeit betreuen darf, sind informiert und stehen voll hinter und zu mir.

Ich bin und bleibe derselbe Mensch und ich erwarte mir Respekt vor mir und meiner Familie. Das alles in dieser Form „durchzustehen“ ist ein Hammer. Die Nervenbelastung ist sehr groß, da in unserer Gesellschaft die Toleranz und der Respekt vor Menschen und deren Ehrlichkeit bei weitem noch nicht in der Form vorhanden ist, in der sie vorhanden sein sollte.

Wie gesagt, es ist nicht „normal“ und für mich nicht selbstverständlich, dass meine Frau und unsere gemeinsamen Kinder immer noch bei mir sind und mich auf meinem/unserem Weg begleiten.

Ich bin nicht krank! Wir brauchen kein Mitleid und ich werde alles daran setzen diesen Weg mit meiner Familie in Passail weiterzugehen. Das einzige, das wir uns erwarten ist Respekt!

Danke,
Sandra und Erika Jenewein

PS: Für die Interessierten: All meine Gedanken der letzten Jahre sind unter www.endlichich.at zu finden. Und: Falls euch etwas am Herzen liegt – redet uns ruhig an!

 

 

 

2 thoughts on “Offener Brief

  1. Susanne Schinnerl sagt:

    Finde diese Entscheidung in einer Gesellschaft wie unserer und noch dazu in einem Nest wie passail wo generell sehr bösartig geklatscht wird sehr mutig und wünsche euch von herzen alles Gute und eine wirklich dicke Haut glg

    1. Sandra sagt:

      Dankesehr 🙂

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